POLIOMYELITIS (KINDERLÄHMUNG)

Informationen über Krankheitserreger beim Menschen – Impfen und Hygiene schützen!

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  • Letzte Aktualisierung: 20.12.2024

    POLIOMYELITIS

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    Letzte Aktualisierung: 20.12.2024

Was ist Poliomyelitis?

Poliomyelitis (kurz Polio oder auch Kinderlähmung) ist eine leicht übertragbare Viruserkrankung. Eine Infektion mit Polioviren kann zu dauerhaften Lähmungen und zum Tod führen. Vor der Einführung von Impfungen waren die Wild-Polioviren weltweit verbreitet. Ein Kontakt mit den Viren erfolgte meist bereits im Kindesalter. So entstand der Name Kinderlähmung. 

Es gibt sichere und zuverlässig wirksame Impfungen gegen die Erkrankung. In Deutschland werden seit 1998 ausschließlich inaktivierte Polio-Impfstoffe verwendet. In manchen Ländern werden noch abgeschwächte Lebendvirus-Impfstoffe (Schluckimpfung) eingesetzt. Nach der Schluckimpfung können die Impfviren mehrere Wochen lang von der geimpften Person im Stuhl ausgeschieden werden. Diese Impfviren verursachen normalerweise keine Erkrankung. Sie können sich jedoch genetisch verändern und dann die gleiche Erkrankung im Nervengewebe auslösen wie Wild-Polioviren. Man spricht dann von Schluckimpfstoff-abgeleiteten Polioviren.

Heute gibt es Wild-Polioviren nur noch in Afghanistan und Pakistan. Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren werden weltweit immer wieder nachgewiesen. 

Wie wird Poliomyelitis übertragen?

Von Mensch zu Mensch

Die Erreger werden mit dem Stuhl ausgeschieden und durch Kontaktinfektion (Stuhl-Hand-Mund) verbreitet. Eine Übertragung kann erfolgen, wenn Viren über die Hände in den Mund gelangen.

Eine Ansteckung durch Husten und Niesen ist für kurze Zeit nach Beginn der Infektion möglich.

Über Wasser

Mit Fäkalien verunreinigtes Trink- oder Badewasser kann eine Ansteckungsquelle sein. Abwasser spielt als Infektionsquelle für die Allgemeinbevölkerung in Deutschland generell keine Rolle.

Welche Krankheitszeichen haben Erkrankte?

  • Bei einem Großteil der Infizierten (über 70 Prozent) verläuft die Infektion ohne Krankheitszeichen.
  • Bei etwa 4 bis 8 Prozent der Infizierten treten 6 bis 9 Tage nach der Infektion kurzzeitig Fieber, Übelkeit, Halsschmerzen, Bauchschmerzen, Muskel- oder Kopfschmerzen auf.

In seltenen Fällen ist auch das zentrale Nervensystem betroffen:

  • Bei etwa 2 bis 4 Prozent der Infizierten kommt es zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) ohne Lähmungserscheinungen. Typische Symptome sind Fieber, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen, Muskelkrämpfe.
  • Sehr selten (bei 0,1 bis 1 Prozent der Infizierten) kommt es neben schweren Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen zu Lähmungen bzw. Schwäche in Armen, Beinen oder anderen Muskeln, oft einseitig. Manche Lähmungen bleiben dauerhaft.
  • Spätfolgen (Post-Polio-Syndrom): Jahre nach einer Polio-Infektion können Muskelschwäche und Muskelabbau zunehmen oder neu auftreten.

Wann bricht die Krankheit aus und wie lange ist man ansteckend?

Bei Erkrankungen, die ohne Lähmungserscheinungen verlaufen, vergehen zwischen Ansteckung und Beginn der Krankheitszeichen (Inkubationszeit) durchschnittlich 3 bis 6 Tage. Lähmungserscheinungen treten meist 7 bis 14 Tage nach der Ansteckung auf.

Infizierte Personen können andere anstecken, auch wenn sie keine Krankheitszeichen haben. Das Virus ist in Rachensekreten frühestens 36 Stunden nach einer Infektion nachweisbar und kann dort eine Woche vorhanden sein. Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt nach 2 bis 3 Tagen und kann bis zu 6 Wochen andauern. In Einzelfällen, zum Beispiel bei Immunschwäche, können es sogar Monate und Jahre sein.

Wer ist besonders gefährdet?

An Polio kann jede Person erkranken, die nicht oder nicht ausreichend durch Impfungen geschützt ist. Durch eine vollständige Impfung besteht ein Schutz vor Erkrankungen durch Wild-Polioviren sowie durch Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren.

Was muss ich bei einer Erkrankung beachten?

  • Es gibt keine gezielte Therapie zur Behandlung von Polio. Nur die Symptome können behandelt werden.
  • Bei Verdacht auf Polio erfolgt sofort eine Krankenhauseinweisung unter Isolierbedingungen, um eine Weiterverbreitung zu verhindern.
  • Kontaktpersonen von Erkrankten sollten unabhängig vom Impfstatus so früh wie möglich eine Impfung erhalten.
  • Kontaktpersonen, die nicht ausreichend durch Impfungen geschützt sind, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen frühestens 1 Woche nach dem letzten Kontakt zur infizierten Person betreten. Außerdem müssen zwei Stuhluntersuchungen ohne Virusnachweis im Abstand von 24 bis 48 Stunden vorliegen.

Wie kann ich mich schützen?

Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt einen vollständigen Impfschutz gegen Polio durch Impfungen mit einem inaktivierten Polio-Impfstoff (IPV):

  • Für Säuglinge: Grundimmunisierung mit drei Impfstoffdosen im ersten Lebensjahr (mit 2, 4 und 11 Monaten). Frühgeborene erhalten vier Impfstoffdosen (mit 2, 3, 4 und 11 Monaten).
  • Für Kinder, Jugendliche: eine Auffrischimpfung mit 9 bis 16 Jahren.
  • Nachholimpfungen: Fehlende Impfstoffdosen sollten bei Personen in allen Altersgruppen (einschließlich Erwachsene) zeitnah verabreicht werden.
  • Für Reisende in Länder, in denen es Wild-Polioviren gibt oder in denen Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren zirkulieren: Je nach Land gelten unterschiedliche Impfempfehlungen, teilweise mit Nachweispflicht.
  • Für Personen in besonderen beruflichen Tätigkeitsbereichen (zum Beispiel Personal in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete, medizinisches Personal, das Kontakt zu Erkrankten haben kann, und Personal in Laboren mit Infektionsrisiko): eine Auffrischimpfung alle 10 Jahre bei anhaltendem beruflichem Risiko.

Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie oder Angehörige einen vollständigen Impfschutz haben, wenden Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.

Hygiene

Da Polioviren mit dem Stuhl ausgeschieden und vorwiegend durch Kontaktinfektion übertragen werden, ist eine gute Händehygiene von zentraler Bedeutung. Gründliches Händewaschen nach dem Toilettengang, vor der Zubereitung von Lebensmitteln und vor dem Essen reduzieren das Risiko einer Infektion erheblich.

Wo kann ich mich informieren?

Das örtliche Gesundheitsamt steht Ihnen für weitere Beratung zur Verfügung.

Weitere (Fach-)Informationen finden Sie im Internet auf den Seiten des Robert Koch-Institutes (www.rki.de/polio). Hier finden Sie auch die Empfehlungen der STIKO und der DTG e.V. zu Reiseimpfungen.

Weitere Informationen zum Infektionsschutz durch Impfen und Hygiene finden Sie auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.impfen-info.de/polio, www.infektionsschutz.de).

Letzte Änderung: 20.12.2024